Zur Aktuellen Diskussion: Deutsche „Medicals“ für Sportflieger

& Vorschlag DAeC Hausarztmodell

 

Jürgen K. Knüppel

Prakt. Arzt/Flugmedizin

DAeC – Arbeitsgruppe „Medical“

 

kommentiert von Christian Husek:  stimme zu    stimme nicht zu

 

Seit zwei Jahren gibt es Neue Tauglichkeitskriterien. An der Piloten Basis entwickelte sich ähnlich, wie bei den Fliegerärzten reichlich Unmut, der sich in vielfältiger Weise äußerte. Hierbei erscheint es eine sinnvolle Pflicht, sich die zum Teil sehr „laut“ geäußerten unterschiedlichen Gesichtspunkte einmal vor Augen zu führen.

 

Zwei Aspekte haben in den letzten zwei Jahren die fliegerärztlichen Untersuchungen für Sportflieger besonders in Frage gestellt.

 

2003 haben die neu eingeführten Europäischen Richtlinien nach JAR – FCL 3 zu großem Aufruhr geführt, weil hierdurch zahlreiche Piloten ihre Fluglizenzen verloren. Neuer Untauglichkeitskriterien waren zusätzlich entstanden. Dies führte zu umfangreichen Sondergenehmigungsverfahren, insbesondere im Fach Augen.

 

Im Internet, in den Diskussions-Foren wurden viele, zum Teil sehr kontroverse  Standpunkte und Thesen hierzu veröffentlicht.

Beispiel:  Fliegertauglichkeitsuntersuchungen,“Medicals“, würden zur Verhinderung von Flugunfällen praktisch keine Rolle spielen.

„Medical“-Problempunkte 2004/05

Lizenzverlust wegen Untauglichkeit

–Verschärfung der Med.Richtlinien

–Standard Berufspilot

Sondergenehmigung-Verfahren

–z.B. Fachgebiet AUGE

–Hohe Kosten

–Überzogene Bürokratie

Kontroverse Diskussionen

–z.B. “Medicals verhindern keine Unfälle!”

 

 Probleme, die zusätzlich entstanden, sind inzwischen jedem bekannt: Zunahme bürokratischer Hemmnisse, zeitliche Verlängerung der Verfahren, Verteuerung der “Medical“ Gebühren bis zu ca. 250€  beim Augen / Fliegerarzt, allerdings auch bei der Behörde, hier besonders bei Sondergenehmigungen.

Die hohen Kosten bei Erstuntersuchungen, einbezogen den Augenarzt, z.B. bei angehenden Segelfliegern verhindert nachhaltig den Nachwuchs.

 

Eine zusammenhängende Problembetrachtung bedarf der Berücksichtigung verschiedener Aspekte. Der Autor ist als Fliegerarzt der Luftwaffe, Privatpilot, Fluglehrer, Leiter der DAeC Arbeitsgruppe „Human Factors“ und Verbandsarzt seit Beginn mit diesen Fragestellungen befasst.

 

Mit der Erfahrung als langjähriger Mitarbeiter im Flugmedizinischen Institut der Luftwaffe in Ausbildung, Wissenschaft und Untersuchung, und als Fliegerarzt bei der NATO mit internationaler Standardisierung befasst, wird hier der Versuch unternommen, die neuen Entwicklungen und kontroversen Vorschläge und Gesichtspunkte offen zu beschreiben .- Im weiteren wird ein Diskussionsentwurf des DAeC, welcher allgemein als „Hausarztmodell“ des DAeC bekannt wurde, vorgestellt.

 

JAR - FCL 3 wurde in den letzten 15 Jahren im Rahmen der Europäischen Einigung zum neuen Standard für fliegerärztliche Tauglichkeitsuntersuchung, speziell für die Berufsfliegerei entwickelt. Hierbei wurde der Fehler gemacht, im Interesse einer Vereinheitlichung hiernach auch die nationalen Sportfluglizenzen auszurichten. Leider kam es dabei unvorhergesehener Weise zu den oben beschriebenen Erschwernissen für „Sportflieger“.

 

Um die Stimmung so mancher Piloten an der Basis zu beschreiben, möchte ich hier die Entwicklungen im Internet vortragen, die wesentlichen Einfluss auf Politik, Behörden und auf den Luftsportverband DAeC nahmen.

 

Im letzten Jahr formierten sich im Internet Gesprächs-Foren, die massiv die Unausgewogenheit der neuen „Medical“ Praxis mit eindrucksvollen Beispielen anprangerten. Schlagzeilen wie „Absurder Tauglichkeitskatalog macht bei kleinsten medizinischen Abnormalitäten untauglich“ oder „Es gibt weltweit keinen Nachweis für die Sinnhaftigkeit medizinischer Tauglichkeitsuntersuchungen für Segelflieger“ wurden zum Kredo der Szene. Sie wurden auch Grundlage von Vorwürfen gegen den Verband.

 

Die Kosten von Sonderuntersuchungen zur Erreichung einer medizinischen Ausnahmegenehmigung stiegen z. T. in die Tausende von Euros. Besonders die älteren Piloten und Piloten mit gesundheitlichen Einschränkungen waren betroffen; so gab so mancher Flieger empört, entnervt und frustriert sein fliegerisches Hobby letztendlich auf. 

Der Druck auf die Verantwortlichen wurde von Monat zu Monat erhöht. – Folgende bemerkenswerte Entwicklung muss hier angemerkt werden: Die Mitgliedsstatistik des DAeC weist heute um die 4000 Segelfliegerpiloten weniger aus, als im Vergleich von vor 2 Jahren. Das sind über 10% der deutschen Segelflieger; die weiteren Entwicklungen sind nicht absehbar.

 

Deutscher Aero Club  ( DAeC) Statistik 11/05

In zwei Jahren      ca. 4000     Segelflug-Piloten      weniger!

 

Der bekannte Fotograf des „Fotokalender Segelfliegen“ und Arzt Dr. Claus Dieter Zink gründete mit einigen anderen, wie dem Universitätsprofessor Konrad Vogeler und dem Ingenieur Eckhard Völlm das Aktionsbündnis „JAR -Contra“. Über das Internet präsentierten sie zuerst ihre eigenen schlechten Erfahrungen mit Fliegerärzten und Behörden. (Weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit ist zur Zeit auch das LuftSiG, wo JarContra 20.000 Unterschriften für eine Petition dagegen gesammelt hat.)

 

Seit zwei Jahren diskutieren sie täglich im Internet die Situation, die Gesetzesentwicklungen, die Vorschriften und Alternativen zum bestehenden System. Sie versuchen mit Petitionen und Anträgen an Politik und Verbände auf die Situation hinzuweisen, weiterhin auch Einfluss auf die Entwicklungen zu nehmen. (Gespräche mit MDBs, usw.)

 

Mit ihren z. T. sehr weitgehenden Forderungen, wie Reduzierung der Medizinischen Standards, gegen Behördenwillkür und bürokratische Überregulierung nahmen sie in den letzten Monaten dezidiert Stellung zur akt. Stimmung. Hierbei wurde nicht zimperlich argumentiert. Bis hin zum Verkehrs-Minister, den Vorständen des DAeC und des Fliegerarztverbandes wurden „Angriffe“  akzentuiert und frontal in den Internet-„Postings“ veröffentlicht.


JarContra Schlagzeile

 

“Absurder Tauglichkeitskatalog,

der

bei kleinsten medizinischen Abnormalitäten

untauglich macht”


Ungerechtfertigte „Groundungen“, die wenig hilfreiche praxisfremde Bürokratie, die uneinheitlich hohen Kosten und die z.T. überstrengen Tauglichkeitskriterien wurden blumenreich und hart attackiert. Hierbei wurde so mancher Mandatsträger persönlich angegriffen, was die Angesprochenen verständlicherweise sehr verärgerte.

 

Durch diesen Druck der Basis fanden an Segelfliegertagen, bei Flieger-Messen u.a. Vorträge und Diskussionsveranstaltungen statt, an denen sich z.T. auch das LBA mit dem Ltd. Fliegerarzt und die AMC´s beteiligten.

Unter anderem aufgrund von Petitionen gegen die neue „Medical“- Praxis, die von Tausenden Piloten unterschrieben waren (Stand Nov 2005, ca.6.000) und der Lobbyarbeit der Verbände wurde dann, erstmalig Ende 2004, vom Verkehrsministerium Entgegenkommen signalisiert.


„6.000 JarContra Petitionen“

zu JAR FCL 3 Medical

an den

Petitionsausschuss

des Deutschen Bundestages”


Die AOPA Deutschland und der DAeC wurden informell gebeten, Stellungnahmen und ggf. Vorschläge zur Vereinfachung des Nationalen Medical Systems für Sportflieger zu erarbeiten. September 2004 wurde daraufhin vom  DAeC die „AG Medical“ ins Leben gerufen, in der Verbandsärzte, Luftsport-Referenten, Flugsicherheitsinspektoren und weitere Repräsentanten der Vorstände, u.a. der Landesverbände in der Geschäftsstelle in Braunschweig über Alternativen berieten.

 

Es wurde sehr schnell klar, dass es sich hierbei nicht nur um ein nationales Problem handelt. Schon vor dem Aufbau der JAR-Gremien hatte sich European Air Sports (EAS) gegründet,- der Europäische Dachverband der nationalen Luftsportverbände-. Er vertritt 700 000 aktive Luftsportler in Europa und nimmt seine Vertreter-Interessen auch international sehr Ernst. Hier wurden ebenso verschiedene Standpunkte zum Thema entwickelt; Verbandsverantwortung etc.


700 000 aktive Luftsportler in Europa

DAeC ist Mitglied von European Airsports (EAS)

 

Zitat Vizepräsident EAS :

“...I am convinced (now) that we can influence the rule making process into our direction...“


Entsprechend der JAA-Vorgaben nahm in den vergangenen Jahren der Fliegerarzt und medizinische Berater von EAS, Dr. Peter Saundby an medizinischen Beratungen der JAA Gremien teil. Hierbei entwickelte sich die gemeinsame Vorstellung der Luftsportler, dass besonders das Segelfliegen als nationale Lizenz nicht unter JAR – FCL 3 fallen sollte.

In Deutschland hingegen wurde JAR-FCL 3 Grundlage auch für die nationalen Segelfluglizenzen.

Kritiker merken an: Bei der Umsetzung in deutsches Recht geschahen unnötige Verschärfungen und Übersetzungsfehler, mit zum Teil fatalen Folgen, wie unnötig harte Meldeauflagen bei banalen Erkrankungen.

 

Im Gegensatz zu deutschen Sportfliegern unterliegen englische „Recrational Pilots“ mit ihrem „Medical“ einem reduzierten Standard. Hierzu ist folgendes anzumerken:

1.     Die Tauglichkeitsüberprüfungen sind an die Risiken und Art des Flugsports angepasst.

2.     „Sudden Incapacitations“ werden hier, selbst ohne Medical nicht häufiger erwartet, als mit Medical.

3.     Der „Third-Party-Risk für Recreational Pilots wird praktisch gleich „Null“ gesetzt.
2. und 3. : mag zwar rein statistisch stimmen, man sollte aber auch den psychologischen/erzieherischen/vorbeugenden Effekt der flugmed. Untersuchung nicht unterschätzen !

4.     „Selbstverantwortung“ des Sportfliegers hat Priorität. Die Einschätzung der gesundheitlichen Einschränkungen und der Verantwortung für die gesundheitliche Fitness obliegen dem Piloten im Wesentlichen selbst.

5.     Der Verwaltungsaufwand soll so gering wie möglich gehalten werden. (Verbandsverantwortung.)

6.     Piloten mit gesundheitlichen Einschränkungen bzw. Altersabbau bekommen soweit vertretbar eine eingeschränkte „Solo-Piloten-Lizenz“.

7.     Nach den Regeln des Verbandes soll neben dem AME auch der Hausarzt einbezogen werden. Das ist besonders dann empfehlenswert, wenn der Hausarzt den Piloten sehr gut kennt, und er wie in England in der Regel Zugriff auf die gesamten Gesundheitsdaten hat.


SPORTFLIEGER „MEDICALs“ in ENGLAND

•Anpassung an Art und Flugsportrisiken
•Weltweite Unfallstistiken:

    –Qualität des Medical spielt praktisch keine Rolle!
    –Ohne Medical nicht öfters „Sudden Incapacitations“
•JAR FCL 3 primär nicht für Recreational Pilots
    Verschärfungen für Sportflieger
•“Third Party Risk“ für Recreational Pilots gering:
    Recreational Pilots gefährden nur sich selbst
•Selbstverantwortung des „Recreational Pilot“
    Fliegerische Tätigkeit & Flugtauglichkeit
•Option: Alte Piloten, Behinderte Piloten
•Hausarzt, Sonderregelungen, Einbezug AME / AMC


Weitere Erkenntnisse unterstützen die kritische Einschätzung überzogener „Medicals“.  So hat die größte Luftfahrernation der Welt, die USA, vollständig auf ein „Medical“ für Segelflieger verzichtet. Für “Recreational Pilots“ Motorflug bestehen zum Teil Erleichterungen.

In Europa verzichtet die Schweiz nach einer Eingangstauglichkeitsuntersuchung auf weitere „Medicals“.


In Ländern, die kein Medical für Segelflieger verlangen
(USA, UK , Neuseeland, Schweiz),

sind nicht mehr Unfälle mit medizinischen Problemen ausgewiesen

als bei Piloten in den Statistiken von Ländern mit regelmäßiger
fliegerärztlicher Kontrolle“.


Diese Praxis wird mit Unfallstatistiken, unter anderem der I-AOPA, begründet. Hierbei wird gefolgert, dass Fliegertauglichkeitsuntersuchungen in diesem Bereich keine Verbesserung der Flugsicherheit bedingen. Dies wird auch aktuell so vertreten.

 

Die Flugmedizin in Deutschland ist bisher von total anderen Vorstellungen ausgegangen. Fliegertauglichkeitsuntersuchungen werden zur Unfallvermeidung als absolut notwendig erachtet. (Beyerle, DFV 2005)

Es dürfte schwierig sein, diesen Konflikt in der nahen Zukunft einvernehmlich  beilegen zu können.

 

Um eine angemessene Risikoeinschätzung mit wissenschaftlichen Zahlen auf Basis wissenschaftlicher Untersuchungen, zur Optimierung der Datenlage, kommen wir letztendlich nicht herum. Verwertbare Untersuchungen sind zur Zeit in Deutschland kaum verfügbar, allerdings im anglo/amerikanischen Raum. (AOPA-International)

 

Eine klare Ansage zur Definition des Risikos einer Gesundheitsstörung wurde vor Jahren in England durch die Einführung der 1%-Regel entwickelt (übernommen von der ICAO / JAA).

Diese Festlegung ermöglicht es nach Auswertung entsprechender Untersuchungen die Ausfallswahrscheinlichkeit eines Piloten bei einer definierten Erkrankung aus gesundheitlichen Gründen statistisch zu beschreiben.


• " [ JAR-FCL 3 Abschnitt 2 Manual-2 Konzept für Flugtauglichkeit ]
definiert 1%-Richtlinie: (siehe dort!)

Gefahr der med.Unfähigkeit soll 1% im folgenden Jahr nicht übersteigen

Stellt Hobbypiloten aufs gleiche Niveau, wie Berufspiloten der Kat. 1."


Ohne auf die genaue Darstellung dieser Methode einzugehen ist dabei festzuhalten, dass die akzeptierte 1%-Grenze den hohen Standard von Airlinepiloten beschreibt. Dieser Wert ist z. Z. auch die Grundlage für die Grenz-Risiko Betrachtung von Sportfliegern.

 

Peter Saundby weist darauf hin, dass bei dem minimal existierenden „Third-Party-Risk“der Sportflieger - Pilotengruppe deren Grenzwert ohne weiteres auf das statistische Risiko von 2% erhöht werden könnte. Mit anderen Worten: Ebenso Reduzierung der Tauglichkeitsanforderungen.

 

Wie dargestellt hat die ältere Pilotenschaft ein Interesse bei entsprechender Fitness ihre fliegerischen Aktivitäten bis ins hohe Alter betreiben zu können.

Hierbei sind heutzutage die demokratische Prinzipien und die allgemeinen gesetzlichen Gleichstellungsaspekte mit zu berücksichtigen.

Es geht um reduzierte Tauglichkeits- und Lizenzvorgaben für behinderte  Sportflieger; ein Aspekt, der in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens schon zu Änderungen in Vorschriften in der Gesellschaft geführt hat.

 

Unbestritten ist im modernen Staat auch, dass der Aufwand und die Mittel bei der Umsetzung eines Gesetzes in angemessenem Verhältnis zum angestrebten Ziel liegen muß. Wesentlich trifft dies auch die Überregulierung in der GA.

Zitat „JAR-Contra“: „Es ist absolut unakzeptabel aufgrund überzogener Tauglichkeitskriterien eine teure Tauglichkeitsuntersuchung durchzuführen, die von der Notwendigkeit her gar nicht gerechtfertigt ist.

 

Hierbei wird auch folgendermaßen argumentiert: Periodische Überprüfungen durch Ärzte können Unfälle mit medizinischen Ursachen selten verhindern.

würde ich anders formulieren:  „nicht vollständig verhindern“  ich glaube schon, dass vieles nicht passiert, weil (!) es entsprechende Kriterien gibt !!
Kurzfristige Krankheit, Ermüdung, Alkoholeinfluss, Medikamente, kurze Funktionsstörungen; all diese Einschränkungen muss der Pilot selbstverantwortlich regeln, wie auch die Flugdurchführung selbst.

Aus der Überlegung, dass die ca. 50 Flugstunden des durchschnittlichen Piloten gerade mal eine gesamtfliegerische Betätigung von ca. zwei Tagen in zwei Jahren ausmacht, relativiert die Bedeutung möglicher gesundheitlicher Risiken.-Es bestehen kaum berufliche Zwänge, und der Flugbetrieb wird in der Regel nur bei schönem Wetter und bei Wohlbefinden aufgenommen.

 

Das Muster von Flugunfällen in der allgemeinen Luftfahrt (GA) ist auf der ganzen Welt gleich, - die Qualität flugmedizinischer Untersuchungen ist allerdings in jedem Land anders. Dieser Umstand wird dahingehend interpretiert, dass man jede Art von Untersuchungen sehr kritisch betrachten muß. diesem Argument kann man kaum widersprechen, trotzdem fühle ich mich wohler bei dem Gedanken, dass wir Fliegerärzte zumindest Auswüchse medizinischer Untauglichkeit (wie z.B. Sehverschlechterungen, Senile Demenz, Alkoholismus, KHK, Diabetes, etc.) verhindern; genauso notwendig wäre ein Checkflug mit einem Fluglehrer zumindest in 2-jährigem Abstand !

 

Ein weiterhin großer Kritikpunkt ist, dass nur wenig epidemiologische Daten,  keine prospektiven Studien und keine Validisierung der Methoden zur Verfügung stehen. Die Vergleichbarkeit von Daten und Standards bei Tauglichkeitsuntersuchungen ist international kaum gegeben. (Ausnahme: Militär und große Airlines   und FAA: die müssten doch jede Menge Daten haben !) - Diesen Umstand machen sich natürlich die Gegner von wie auch gearteten Tauglichkeitsuntersuchungen sofort zu Nutze.


Vorschlag für das BMBuV : Vereinfachtes System

BGA Konzept : Komplett strukturiert

•Einheitliches, in sich abgestimmtes System

>>Übersetzung der BGA Vorgaben

  • Internet
  • Europäische Gremien, EGU etc

>>Anpassung an Deutsche Verhältnisse

  • Fachbegriffe, Institutionen


Die Aufforderung des BMV an den DAeC Vorschläge zur Erleichterung zu erarbeiten, resultierte in folgenden Überlegungen und Beschlüssen:

1.     Bei allen Überlegungen steht die Flugsicherheit oben an.

2.     Ein neues Tauglichkeits-System aus dem Stand zu erarbeiten ist praktisch unmöglich.

3.     Es bot sich an, auf bestehende nationale Systeme zurückzugreifen. Vereinfachte Lizenzverfahren und medizinische Tauglichkeitskriterien gibt es in England bei der BGA (British Gliding Association); darüber hinaus auch Australien, Neuseeland, USA.

4.     Der deutsche nationale PPL Vorschlag (NPPL) soll Segelflieger, Motorsegler, Motorflieger bis 2 t, ebenso Ballons und Ultralights gleich berechtigt einbeziehen. 2 Tonnen kommt mir ein bisschen viel vor
( C 210, Bonanza, etc fallen da hinein, würde eher auf z.B. 2-sitzige Flugzeuge beschränken, VFR, unkontrollierte Lufträume, o.ä.

5.     Die Tauglichkeitskriterien sollen sich an reduzierten Standards orientieren, angepasst an die individuelle fliegerische Tätigkeit.

6.     Ausnahmeregelungen für alte und behinderte Piloten müssen praktikabel sein. (90% aller Sportflieger fliegen nur an ihrem eigenen Flugplatz, was auch die Verantwortung des lokalen Vereins deutlich macht).

•Tatsache ist
über 90% aller Luftsportler in Europa
begrenzen sich selbst
und fliegen ausschließlich
im nationalen / lokalen Luftraum

7.     Neben den AMEs sollen auch Hausärzte für einfache „Medicals“ zur Verfügung stehen. Unter anderem unter dem Gesichtspunkt der Vereinfachung und der regionalen Verfügbarkeit.  keine gute Idee !!, begutachtende Ärzte sollten doch eine gewisse Ahnung vom Fliegen und auch eine gewisse Liebe dazu haben, auch zum Vorteil des Piloten  ! (normalerweise hilft der AME dem Piloten; Hausärzte können zwar Auto fahren, aber nicht fliegen !!!)

8.     Teilnehmende Ärzte sind verpflichtet Regeln und Standards eines zukünftigen Regelwerkes, einbezogen der Tauglichkeitsmaßstäbe, entsprechend  einzuhalten.

9.     Einfache praktikable Ausnahmeregeln und Verfahren; Einbeziehung eines vom Verband benannten Arztes.                     gute Idee !!

10. Es besteht die feste Überzeugung, wenn überhaupt, muss der zuständige „Fliegerarzt“ im Verein und Flugplatz präsent sein, um einen effektiven Beitrag zur Flugsicherheit leisten zu können!


The Pilot himself is allways responsible!

for his Flying &
for his Health State


11. Die Risiko-Zahlen der Versicherungen sind in diese Verfahren mit einzubeziehen.

12. Als medizinische Standards bieten sich die europäischen Regeln für die Kraftfahrerlaubnis an, auch ein EU Standard. halte ich nicht für günstig, liegen unter den zum Fliegen notwendigen Standards !!

Sie sind relativ generell und einfach gehalten und ermöglichen ein Zwei- Klassensystem. Im „Restricted Standard“ kann der Pilot bei eingeschränkter Gesundheit weiter eingeschränkt fliegen, allerdings nicht mit Passagieren. – Weitere Details sind in der Prüfung .

13. Eine periodische “Deklaration“ des Piloten zur eigenen Gesundheit (Selbsterklärung) wird durch einen Arzt schriftlich gegen gezeichnet. Dies kann auf Basis der Kenntnis der Person selbst, der Untersuchungsunterlagen, oder aber auch auf Basis einer Untersuchung passieren. Unsinn: nicht Fisch, nicht Fleisch !! (entweder nur Selbstdeklaration, oder ärztliches Gutachten/Stellungnahme, zu große Gefahr der Gefälligkeitsunterschriften, wir kennen das alles aus der Praxis !!)

14. Sie ist (im Sinne der BGA) kein Fliegertauglichkeitsgutachten. Sie ist eine Sachstandsbeschreibung, welche die Einordnung in entsprechende Lizenz-Standards ermöglicht. Auf dieser Grundlage muss der Pilot immer selbst eigenverantwortlich seine Entscheidung zum Flugantritt treffen. – Unterschriftsverweigerungen durch den Arzt sind denkbar und möglich  aber kaum wahrscheinlich, zumindest nicht Österreich, vermutlich bei Euch auch nicht !!.

15. (Was kaum jemand weiß. Auch in Deutschland müssen Kraftfahrer schon heute solche veröffentlichten Standards berücksichtigen, auch wenn es keine Untersuchung gibt. – Ein nicht behandelter Epileptiker darf in Deutschland kein Auto fahren).

16. Der DAeC hat seinen im September 2004 veröffentlichten Entwurf als Verbands-Vorschlag und Diskussionsgrundlage ins Deutsche übersetzt. Er ist auf deutsche Verhältnisse angepasst ( siehe hierzu die entsprechenden Darstellungen und Formulare im Internet).

17. Sowohl für den Piloten, als auch für den Stellung nehmenden Arzt sind entsprechende einfache Anleitungen zum Ausfüllen schriftlich vorgegeben.


•Prinzip Flugsicherheit
•Angepasst an Fliegerische Tätigkeit
•Approbierter Arzt auf Basis Verbands-Vereinbarung
•Modell Med. „Kraftfahrer“ Standard [C.D. 91/439/EEC]
•Kostenreduzierung Sonderuntersuchungen (AME/AMC)
•Zwei Fitness Ebenen / Fliegertauglichkeiten
•(1) unbeschränkt
•(2) „restricted“
(bei eingeschränkter gesundheitlicher Fitness)

18. Das bisherige ICAO „Medical“ basierte i.d.R. auf der Vermut nicht offenbarter wichtiger Gesundheitsdaten. - Mit dem BGA-System soll eine Verbesserung der Flugsicherheit unter Vermeidung des o.a. Konfliktes, mit weniger Einschränkung, aber Stärkung der Eigenverantwortung angestrebt werden. – Vereinsstrukturen sind hier unterstützend hilfreich.

19. Begleitende Maßnahmen: Jede Luftsport-Sparte (Ballon, Segelflug, Ultralight etc.) kann nach diesem System eigenverantwortlich, mit Unterstützung von Verbandsärzten und der Hilfe anderer nationaler Luftfahrtinstitutionen eigene Verbandsregeln vereinbaren. diese weitere Differenzierung macht die Sache zu komplex ! (4 Klassen – JAR 1, 2 und national unrestricted/restricted ist mehr als genug !)

20. Über eine eingeschränkte Fitness soll nach Beratung und Absprache mit Fachärzten, AME, AMC individuell entschieden werden.

21. Medizinische Ausnahme-Entscheidungen sollen national gesammelt und später regelmäßig periodisch beraten werden, um danach wissenschaftlich ausgewertet zu werden.  das klingt sehr gut, ist aber leider sehr schwer durchzuführen wegen Datenschutz, hier könnte EAS der JAA/EASA mit gutem Beispiel vorausgehen und ein System zur internationalen Erfassung von Medicals à la FAA, nur halt einfacher (z.B.Meldung nur von Einschränkungen), einführen !

22. Die kommerziellen Aspekte der AMEs dürfen in dieser Diskussion nicht vernachlässigt werden. sehr schön formuliert -> daher bitte auch keine Hausärzte !!!

23. Aktueller Nebenaspekt: Gegenwärtig (bis Frühjahr 2006) wird der neue Entwurf zur LuftPersV beschlossen. Für den DAeC sehr wichtig, die „Schnupperkursregelung“:  Diese muss wie früher aussehen: Ein „Medical“ darf erst zum ersten Alleinflug verlangt werden, nicht schon 2 oder 4 Wochen nach Schulungsbeginn.

Gelingt das nicht, verlieren wir mit Sicherheit den so wichtigen Nachwuchs! (Aspekt: Technologiestandort Deutschland)


• Förderung Luftsport                       DAeC - Verbands Ziele
• Flugsicherheit        (Vorgabe EASA)
• Zeitgemäße Tauglichkeitsuntersuchung
• Verhinderung der “Sudden Incapacitation“
    – des plötzlichen Ausfalls des Piloten aus gesundheitlichen Gründen


In einigen EU-Staaten gibt es augenfällige Abweichungen zum JAR-„Medical“. So hat man auch in Frankreich tragfähige Lösungen für Sportflieger im Einvernehmen mit den Verbänden erreicht. Nach anfänglichen Erschwernissen können Fliegerärzte dort eigenverantwortlich handeln.   das klingt gut !

Meinungsverschiedenheiten zwischen den EU-Staaten, als auch in den internationalen Verbänden (EGU, EAS, FAI) müssen baldigst gelöst werden. Die Luftsportverbände müssen auf mögliche Angebote der EASA vorbereitet sein. Bald werden die neuen EASA-Richtlinien national umgesetzt werden.

 

Es besteht die Hoffnung, dass in der heutigen Zeit der Internetöffentlichkeit, der europäischen Einigung und der bewussten, aktiven Mitwirkung der Pilotenschaft an der Basis so bald als möglich neue tragfähige Lösungen für „Medicals“ in der GA (General Aviation) erarbeitet werden können. Die gegenwärtigen Entwicklungen mögen vielleicht nicht jedem gefallen, sie müssen jedoch dem Wertewandel und den wissenschaftlichen Erkenntnissen im Rahmen der Flugunfallbetrachtung Rechnung tragen.  leider wahr !!

 

Fliegerärzte müssen sich ebenso damit abfinden, dass wie  auch bei alle anderen gesetzgeberischen Maßnahmen in der Zukunft, dass die Richtlinien und die Praxis der Tauglichkeitsuntersuchungen zukünftig „auditiert“/ überprüft werden.

Hierdurch soll sichergestellt werden, dass erwartete Ergebnisse einer Maßnahme - hier z.B. die Durchführung einer Tauglichkeitsfeststellung für Sportflieger- in Angemessenheit erreicht werden.


Nutzen-Kosten Prüfung:
Gesetzgeberische Maßnahmen werden „auditiert“ / überprüft
um
sicherzustellen, dass
das ERWARTETE ERGEBNIS
auch erreicht wird!
• Ausführungsbestimmungen in ihrer Wirkung abschätzen.
• Professionellen Missbrauch hemmen!


Nur so können Bestimmungen und Gesetze, ihr Kosten/Nutzen-Verhältnis ausgewogen gewährleistet werden. Dies soll sicher stellen, dass es keinen „professionellen Missbrauch“ zum Nachteil, wie bei unseren Sportpiloten in den vergangenen Monaten in Deutschland mehr geben wird.

 

 

34560 Fritzlar, den 06.11.05,

Vortrag gehalten auf „Refresher AME Seminar“,

Akademie für Flugmedizin, LH Seeheim

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